Selbsthilfe Zwänge - Phobien - Depressionen - Psychosen - dissoziative und psychosomatische Erkrankungen
Herzlich willkommen bei der Selbsthilfeinitiative Zwänge - Phobien - psychosomatische Störungen - Psychotische Erkrankungen - Dissoziative Störungen und Depressionen im Kreis Konstanz - und auch darüber hinaus! Schön, dass Sie hier bei uns vorbeischauen. Als Betroffener, der seit 1998 an einer komplexen Zwangserkrankung, seit 2003 an Depressionen und einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken, ab 2005 an einer Biopolaren Störung, dann an einer dissoziativen, Anpassungs- und Belastungsstörung, an Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom sowie seit 2016 an einer wahnhaften Störung mit einer Halluzinose leidet, sind mir unterschiedliche psychische Erkrankungen bestens bekannt. Beratung
Mit der Zusendung einer Beratungsanfrage geben Sie eine erste Einwilligung in die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten nach Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Darüber hinaus ist es aber erforderlich, dass Sie mir gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. a) DSGVO i. V. m. Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO auch die Erlaubnis zur Verarbeitung Ihrer sensiblen und gesundheitsbezogenen Personendaten geben. Hierzu erhalten Sie nach Kontaktaufnahme von mir eine Datenschutzerklärung, die Sie ebenfalls per Mail an mich zurücksenden, um somit ausdrücklich Ihre Einwilligung zu erklären. Inbegriffen ist dort auch ein Haftungsausschluss. Erst nach Eingang dieser Erklärungen bei mir darf ich schlussendlich Ihre ursprüngliche Nachricht mit Ihrem entsprechenden Anliegen öffnen und bearbeiten.
Selbsthilfe kann keine fachkundige medizinische, (psycho-)therapeutische oder heilkundliche Diagnostik, Behandlung, Beratung und Begleitung oder eine gesetzlich geregelte Pflegeberatung ersetzen. Überdies stellt sie auch keine fachkundige Rechtsberatung dar, sondern allenfalls nebenbei eine allgemeine Sozialgesetzaufklärung. Wir dürfen keine juristische Einfallprüfung oder individuelle Bewertung vornehmen. Hierfür wenden Sie sich bitte zur weitergehenden Hilfestellung an einen Rechtsanwalt. Die Beratung der Selbsthilfe konzentriert sich auf die psychosoziale Unterstützung im Umgang mit den jeweiligen Krankheitsbildern im Alltag und vermittelt Erfahrungsexpertise zwischen Patienten, um gegenseitige Unterstützung zu leisten und mit Ermutigung und Zuversicht durch schwierige Lebenssituation hindurchtragen zu können. Sie versteht sich lediglich als ergänzendes Beratungsangebot von Betroffenen für Betroffene (Angehörige). Eine Gewähr ist ebenso wie eine rechtliche Haftung nicht möglich. Es gilt das Gebot der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit. Ihre Daten werden ausschließlich zur Bearbeitung Ihrer Anfrage genutzt und anschließend gelöscht. Eine kommerzielle Verwendung wird ausgeschlossen. Weitere Informationen finden Sie im Disclaimer und dem Datenschutz, die auch für dieses vorliegende Selbsthilfeangebot gelten.
Informationsblätter: # 1: Welche sozialen Leistungen stehen mir bei chronischer Erkrankung zu? # 2: Antrag auf Schwerbehinderung: Wie gehe ich vor? # 3: Ärger mit der Krankenkasse? Diese Rechte haben Versicherte! # 4: Wann bin ich pflegebedürftig? Erklärungen zum Feststellungsverfahren! # 5: Erwerbsminderungsrente: Voraussetzungen und Alternativen! Sie können kostenlos angefordert werden über Mail: selbsthilfearbeit@riehle-dennis.de. |
In Kooperation mit:
Hintergrund: Zwangserkrankungen
Zwänge - das ist zwar ein einfacher Begriff, den wir im Alltag alle benutzen. Doch was sich hinter der Erkrankung verbirgt, das ist der breiten Öffentlichkeit eher unbekannt. Selbst Betroffene und Angehörige sind mit der Diagnose meist überfordert. Und auch in der Fachwelt ist noch manch Aufklärung über die Zwangsstörung nötig, weshalb wir als Selbsthilfeinitiative Antistigmatisierung vorantreiben möchten und manche Voreingenommenheit abbauen wollen.
Zunächst gilt: Wir unterscheiden zwischen Zwangshandlungen und Zwangsgedanken. Oftmals treten sie gemeinsam auf, manche Patienten leiden allerdings auch nur an einer Form der Zwänge.
Bei Zwangshandlungen sind die schon eher bekannten Waschzwänge (übermäßig häufiges und intensives Waschen oder Duschen), Kontrollzwänge (Türen mehrmals abschließen, Herdplatte kontrollieren etc.), Ordnungs-, Zähl- oder auch Putzzwänge gemeint. Zusätzlich zählen nach unterschiedlichen Auffassungen auch die Kleptomanie und die Trichotillomanie (zwanghaftes Haareausreißen) sowie das "Tourette-Syndrom" zur Gruppe der "Zwangsspektrumsstörungen". |
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Bitte beachten Sie: Alle Informationen sind aus Betroffenensicht zusammengestellt. Sie können keine fachkundige Auskunft ersetzen! |
Hintergrund: Phobien
Eigentlich kennt es jeder aus der Schulzeit: Die Vokabeln sind nicht gelernt und der Lehrer ruft ausgerechnet mich auf. Der Puls wird schneller, man beginnt zu schwitzen, es ist peinlich, vor der ganzen Klasse zu versagen - man errötet. Oder das Halten eines Referats - man ist unglaublich aufgeregt, oftmals so sehr, dass man kaum noch sprechen kann, vielleicht versagt die Stimme, man zittert. Dieses Phänomen, das eigentlich jeder Mensch im Laufe seines Lebens einmal kennengelernt hat, ist eine ganz normale, gesunde Reaktion unseres Körpers - und niemand würde hier einen Grund zur Besorgnis erkennen. |
Schwieriger wird es dann, wenn sich solch ein Muster verselbstständigt. Wenn ein Auftreten in Gesellschaft kaum mehr möglich ist. Dann steigt der Leidensdruck, die Angst wird zum ständigen Begleiter. So kann die ausgelassene Party am Wochenende für einen Patienten mit sozialer Phobie zum Horror werden. Im Angesicht von mehreren Menschen essen zu müssen. Sich auf der Tanzfläche falsch zu bewegen. Uncoole Sprüche abzugeben. Oder aber in der Uni zu sitzen, seine Hausarbeit zu schreiben und von den Mitstudierenden beäugt zu werden. Beim Familienfest das Besteck nicht richtig in der Hand zu halten, zu schmatzen. Allessamt Momente, in denen wir in den Mittelpunkt rücken. Sie sind für Betroffene einer sozialen Phobie Auslöser schwerster Angst- und Panikreaktionen. |
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Als besonders belastend gilt auch die Agoraphobie: Die Angst vor großen Räumen, weiten Plätzen, vielen Menschen oder der Entfernung von Zuhause bereitet den Erkrankten derartige Probleme, dass sie entsprechende Situationen meiden. Kein Besuch des Weihnachtsmarktes, kein Sitzen im Hörsaal, keine Urlaubsreise in die Ferne. Stattdessen leben die Betroffenen mit der ständigen Angst, in einen die Panik auslösenden Moment zu geraten, der mit Horrorszenarien verbunden wird: Die Sorge, sich nicht mehr aus einer Menschenmasse befreien zu können, die Kontrolle über sich zu verlieren, nicht mehr das Heft des Handelns in der Hand zu haben. Bei den Panikattacken fühlen sich die Betroffenen oftmals in einer lebensbedrohlichen Situation, haben Erstickungsängste, einen kaum mehr messbaren Herzschlag und Blutdruck. Sie übergeben sich, empfinden Druck auf der Brust und scheinen wie benommen. |
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Die Phobien haben oftmals intensive psychosomatische Beschwerden als Folge, wie starkes Zittern, Schweißausbrüche, erhöhten Pulsschlag und Kopfschmerzen. Zudem ist auf eine hinreiche psychosoziale Begleitung der Betroffenen zu achten. |
Links: |
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Hintergrund: Depressionen |
Sie gelten bereits als "Volkskrankheit": Depressionen sind zu einem der häufigsten psychischen Probleme in unserer Gesellschaft geworden - und treffen immer mehr Menschen.
Manchmal werden wir "nur" von einer Phase der Traurigkeit eingeholt - wenn uns Schicksalsschläge treffen, der Arbeitsplatz wegfällt, eine Trennung ansteht oder eine enge Bezugsperson verstirbt. In solchen Situationen verharren wir alle zunächst in tiefer Deprimiertheit und verspüren über kurze Zeit, in unserer Stimmung gedrückt zu sein. Solche Reaktionen sind als vollkommen normal zu werten und sollten keinesfalls pathologisiert werden. |
Sollten sich entsprechende Symptome jedoch manifestieren, so kann bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen (beispielsweise Dauer und Intensität der Beeinträchtigung) von einer Depression gesprochen werden. Durch unterschiedliche Ursachen wie Hormonveränderungen, Veranlagung, tiefe Lebenseinschnitte, als Folge oder Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen sowie durch Einwirkungen von außen (soziale Konflikte, familiäre Auseinandersetzungen, persönliche Notlagen etc.) werden wir immer wieder - oder gar dauerhaft - in Perspektivlosigkeit, Freudlosigkeit, Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Müdigkeit, sozialen Rückzug, Verlangsamung, traurige Gedanken und Angst gedrängt. Treten im Gegenzug auch gegenteilige Phasen auf, in denen überschwängliche Vorstellungen, Narzissmus, starker Redefluss, Unruhe, psychotisch anmutende Überzeugungen von Grenzenlosigkeit, Erfolg und Überhöhung eintreten, ist möglicherweise eine manische Phase der Grund, die auf eine bipolare Störung hindeutet - also den Wechsel zwischen "Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt". |
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Die Behandlung der Erkrankung gilt heute als erfolgversprechend. Neben dem Einsatz neuer Generationen der Psychopharmaka (SSRI / SNRI), trizyklischer Antidepressiva oder bestimmter Gruppen der Neuroleptika ist vor allem die Psychotherapie ein entscheidendes Kriterium für eine Linderung der Symptome. Neben der Verhaltenstherapie, die mit kognitiven und expositorischen Maßnahmen Ursachen rational aufarbeitet und die Rückkehr in einen geregelten Alltag vorbereitet, bieten sich je nach Krankheitsgeschichte auch psychoanalytische oder tiefenpsychologische Verfahren an, um etwaige Ursachen aufzuarbeiten. Auch psychosomatische Klinikaufenthalte mit einem breiten Therapieangebot können als Krisenintervention Stabilisierung bringen. Bei bipolar Erkrankten ist zudem auf eine Phasenprophylaxe zu achten, die in der Regel mit Lithium erfolgt. In manischen Krankheitsmomenten kommen unter anderem bestimmte Neuroleptika zum Einsatz. |
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Hintergrund: Psychosomatische und organisch psychische Krankheiten |
Bei psychosomatischen Krankheiten reagiert der Körper mit Symptomen auf seelische Dysbalancen. Da der Zustand unserer Psyche nicht immer sichtbar ist, werden psychosomatische Erkrankungen zumeist erst dann diagnostiziert, wenn physischen Gebrechen keine nachweisbare oder ausreichend erklärende Ursache zugrunde liegt. Für Betroffene bedeutet dies nicht selten einen großen Leidensdruck. |
Besonders häufig kommen psychosomatische Schmerzstörungen vor. Zumeist liegt ihnen zwar eine körperliche Grunderkrankung zugrunde, die aber das Ausmaß der empfundenen Schmerzen nicht umfasst. Somatoforme Störungen können autonom auftreten, also nur ein bestimmtes Organ betreffen (nicht selten Magenprobleme, Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen, Atemprobleme, Herzrhythmusstörungen...). |
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Oftmals haben psychische Störungen auch einen organischen Ursprung. Nicht nur Demenzerkrankungen mit einem Rückgang der Gedächtnisleistungen, mit Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Problemen in der Alltagsbewältigung, Vergesslichkeit und räumlich-visuellen Symptomen gehören zu dieser Kategorie, auch leichte kognitive Störungen, bei denen ähnliche Einschränkungen auftreten, gleichzeitig aber kein neurodegenerativer Prozess zu beobachten ist und die Auswirkungen auf den Lebensalltag gering bleiben, werden hinzu gezählt.
Weitgehend alle psychischen Störungen können abseits einer seelischen Ursache auch organische Gründe haben. So sind es Auswirkungen von Toxinen, Drogen, Medikamenten oder Alkohol, die beispielsweise eine organisch affektive Störung, also eine manisch-depressive Erkrankung auf Basis einer symptomatischen Ausgangssituation, auslösen können. Auch eine organisch wahnhafte, eine organisch ängstliche oder eine organisch dissoziative Störung (beispielsweise der Verlust von Sensibilität oder Motorik einer Extremität oder eines Extremitätenabschnitts mit Lähmungen, Gefühlsstörungen etc.) sind denkbar.
Beim Delir können gerade bei älteren Menschen Verwirrtheitszustände durch eine geringe Trinkmenge, eine falsche Medikamenteneinnahme oder Blutdruckschwankungen auftreten. Wesensveränderungen aufgrund einer Einwirkung auf das Gehirn (Unfall, Gewalttat, Blutungen oder Schlaganfall) werden dem Spektrum der organisch psychischen Störungen gleichsam zugerechnet.
Diagnose und Behandlung erfolgen auf selbigem Weg wie bei rein seelisch bedingten Störungsbildern. Die Differenzialdiagnose einer organischen Ursache ergibt sich meist aus der Anamnese (Krankengeschichte) des Betroffenen. |
Bitte beachten Sie: Alle Informationen sind aus Betroffenensicht zusammengestellt. Sie können keine fachkundige Auskunft ersetzen! Weitere Hilfen
Wir kooperieren freundlich mit folgenden Plattformen und Angeboten:
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Zudem verweise ich auf die Petition und die Zusammenfassung: |
Konstanz, 14. Mai 2021
Petition an den Deutschen Bundestag
Maßnahmen zur Reduzierung der Wartezeit auf Psychotherapie-Plätze
Petitionslaut:
Der Deutsche Bundestag möge legislative Schritte unternehmen, um den übermäßig langen Wartezeiten auf einen Psychotherapie-Platz in Deutschland durch Änderungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie sowie in §§ 99ff. SGB V entgegenzuwirken. Daneben sind weitere Maßnahmen zu beschließen, um die Versorgungssituation psychisch Kranker zu verbessern.
Begründung:
Seit der Wartezeitenstudie der Bundespsychotherapeutenkammer aus dem Jahr 2018, die deutschlandweit eine durchschnittliche Wartezeit auf einen Psychotherapie-Platz von fünf bis sechs Monaten auswies, hat sich kaum etwas verändert. Im Gegenteil: Durch die psychischen Konsequenzen, die sich für viele Menschen aus den Lockdown-Maßnahmen in der Covid-19-Epidemie ergeben, haben sich die Engpässe weiter zugespitzt. Denn nicht nur Betroffene, die bereits an seelischen Erkrankungen litten, sind durch die momentane Ausnahmesituation oftmals vor eine Verschlechterung ihrer Symptome gestellt. Besonders die erstmalig von einer psychischen Diagnose heimgesuchten Patienten sind mit dieser Nachricht nicht selten überfordert und verzweifelt zugleich. Sie brauchen dringende Unterstützung – und werden in einigen Regionen nicht einmal mehr auf die Wartelisten bei den Therapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzten aufgenommen. Uns erreichen Meldungen aus Baden-Württemberg, wonach Patienten in akuten Krisen vertröstet werden – und letztlich den Weg in ein Krankenhaus suchen müssen, weil ihnen ambulant keinerlei fachärztliche oder psychotherapeutische Hilfe zuteilwird.
Weder das neu geschaffene Angebot der Terminvermittlung bei den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, noch die sogenannte ‚Psychotherapeutische Sprechstunde‘ haben eine wesentliche Entlastung gebracht. Denn letztlich erhalten viele Betroffene im Rahmen dieses einstündigen Formats zwar eine erste Einschätzung über Schweregrad ihrer Beschwerden und die Dringlichkeit einer therapeutischen Intervention. All das nutzt aber nichts, wenn aus der Inanspruchnahme der Sprechstunde keine Psychotherapie folgt, weil es an Plätzen hierfür mangelt. Und auch die Reform der Bedarfsplanung aus 2019 ist verpufft. Einerseits haben die Krankenkassen damals die empfohlene Anzahl an neu einzurichtenden Arzt- und Therapieplätzen enorm gedrückt. Andererseits sind die mittlerweile einbezogenen Faktoren nicht abschließend. Dass die Wartezeiten auf einen Therapieplatz nicht mit dem Grundsatz vereinbar sind, den die Politik beispielsweise in der Pflege verfolgt (‚ambulant vor stationär‘), macht die Tatsache deutlich, dass Patienten mittlerweile schneller einen Behandlungsplatz im psychiatrischen Krankenhaus erhalten als einen Termin bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten. Daher ist der Petent überzeugt, dass den monatelangen Wartezeiten auf einen Psychotherapie-Platz umgehend entgegengewirkt werden muss und fordert deshalb die folgenden Änderungen an der Bedarfsplanungs-Richtlinie und §§ 99ff. SGB V:
- Obwohl zwar mittlerweile Einwohnerzahlen, Geschlecht und Krankheitszustand der regionalen Bevölkerung (Morbidität) berücksichtigt werden und eine zweijährige Aktualisierung erfolgt, sind noch immer zahlreiche Punkte ausgeblendet worden: Nachdem Studien ergeben haben, dass sich die Zahlen über das Vorkommen psychischer Erkrankungen zwischen städtischem Ballungsgebiet und ländlichem Raum kaum unterscheiden (vgl. Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (2019): Reform der Bedarfsplanung: Noch immer zu wenig Psychotherapeuten auf dem Land. https://www.bdp-verband.de/presse/pm/2019/reform-der-bedarfsplanung.html, 13.05.2021), ist darüber zu diskutieren, ob es den Regionentypus weiterhin bedarf oder eine einheitliche Verhältniszahl (Psychotherapeuten pro Einwohner) dem tatsächlichen Bedarf nicht näherkommt. Immerhin werden noch immer 35 Therapeuten für 100.000 Bewohner in der Großstadt berechnet, während auf dem Land nur etwa 19 Psychotherapeuten auf dieselbe Einwohnerzahl vorgesehen sind. Am sinnvollsten erscheint eine bundesweit einheitliche Verhältniszahl, die nicht mehr zwischen Stadt und Land unterscheidet. Damit wäre auch dem Vorgehen die Grundlage entzogen, wonach in der Bedarfsplanung noch immer davon ausgegangen wird, dass Psychotherapeuten in der City die umliegende Peripherie mitversorgen würden.
- Zwingend in die Bedarfsplanung einbezogen werden müssen auch die wirtschaftliche Stärke einer Region und die damit verbundene Sozialstruktur der Bevölkerung. Denn gerade eine Veränderung der ökonomischen Lage ist ein wichtiger vorausschauender Indikator dafür, wie sich die Verbreitung psychischer Erkrankungen in einem Gebiet entwickeln wird. Immerhin ist seit langem bekannt, welch enge Verzahnung beispielsweise zwischen Arbeitslosenquote und Zahl der seelisch Erkrankten besteht. Mit einer Abbildung der gesamtgesellschaftlichen Situation in einem Areal würde man sich in der sachgerechten und realitätsnahen Bedarfsplanung ehrlicher tun.
- In der Bedarfsplanung darf man sich zudem nicht länger allein auf den Ist-Zustand verlassen. Ein prävalenzbasierter Ansatz ist vonnöten, der eine Vorausrechnung des Bedarfs ermöglicht. Schließlich konnte man auch in der Vergangenheit bereits absehen, dass die Nachfrage an Psychotherapie über die kommenden Jahre steigen würde. Dennoch hat man gerade aufgrund der unzureichenden Einbeziehung von Prognosen in die Bedarfsplanung eine adäquate Versorgung verschlafen, was uns nicht erst seit Corona auf die Füße fällt.
- Darüber hinaus muss das ‚Mogeln‘ um die tatsächlich vorhandenen Psychotherapie-Plätze beendet werden. Immer häufiger sind Ärzte und Psychotherapeuten nicht mehr voll berufstätig, weil sich viele der Teile der wachsenden Zahl älterer Mediziner und Therapeuten aus dem Arbeitsleben „schleicht“, also schrittweise Stunden reduziert. Diesem Umstand wird in der Bedarfsplanung unzureichend Rechnung getragen. Daneben ist es unredlich, dass weitgehend unbeachtet bleibt, wonach psychotherapeutisch tätige Fachärzte natürlich nicht nur Psychotherapie anbieten. Oftmals ist sie ein ‚Nebengeschäft‘, während die medizinische Sprechstunde im Vordergrund steht. Nicht jeder augenscheinliche Psychotherapie-Sitz kann daher auch als 100-prozentiges Psychotherapie-Angebot berechnet werden.
Neben diesen Anpassungen an der Bedarfsplanung werden folgende Beschlüsse gefordert:
- Zur raschen Entschärfung der Versorgungslücken sollte die Einbeziehung der privat tätigen Psychotherapeuten in die Versorgung erfolgen. Die Gesetzlichen Krankenkassen müssten entsprechend verpflichtet werden, die Kosten für die Inanspruchnahme dortiger Psychotherapie ohne längere Prüfungsverfahren zu erstatten (vgl. § 13 Abs. 3 SGB V).
- Langfristig ist eine sektorenübergreifende Versorgung anzustreben. Damit ist vor allem gemeint, dass die Vernetzung der unterschiedlichen Anbieter therapeutischer und beratender Maßnahmen verbessert wird und Psychotherapeuten wie Krankenkassen somit über die Standesgrenzen hinwegdenken müssten. Entsprechend könnte erreicht werden, dass Menschen in akuten psychiatrischen Krisen schnellere Hilfe bei einem therapeutisch tätigen Facharzt oder einem Psychotherapeuten erhielten, weil Betroffene mit weniger dringlichen Problemen übergangsweise an ein anderes Angebot (beispielsweise Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen oder Hausärzte) verwiesen werden könnten. Gleichsam ist auch an eine Verbesserung der überregionalen Zusammenarbeit der im psychischen Versorgungswesen Tätigen zu denken, ebenso wie an die unbedingte Einbeziehung von Psychotherapeuten in die geplanten Gesundheitszentren auf dem Land.
- Es ist zwingend geboten, dass sich Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätige Ärzte für die Behandlung von Psychose-Erkrankten öffnen. Es muss bereits in der Ausbildung auf den therapeutischen Nutzen auch bei wahnhaft Erkrankten aufmerksam gemacht, die Angst vor deren Behandlung genommen und der Einsatz von Psychotherapie bei Psychosen im Studium trainiert werden.
Der Petent:
Dennis Riehle